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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Schwerkranke müssen bestmöglich versorgt werden“
Gesetz „Cannabis als Medizin“ vom Bundestag einstimmig beschlossen
Der Bundestag hat einstimmig in 2./3. Lesung das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften beschlossen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Schwerkranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden. Dazu gehört, dass die Kosten für Cannabis als Medizin für Schwerkranke von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders wirksam geholfen werden kann. Das ist auch ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Palliativversorgung. Außerdem wird es eine Begleiterhebung geben, um den medizinischen Nutzen genau zu erfassen.“
Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach: „Bei schweren Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Multiple Sklerose kann Cannabis als Medizin helfen, Symptome zu lindern. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass künftig Patientinnen und Patienten Cannabis in Arzneimittelqualität durch die Gesetzliche Krankenversicherung erstattet bekommen können, wenn es medizinisch angezeigt ist. Die Genehmigungsfrist durch die Krankenkasse soll bei Patientinnen und Patienten, die Leistungen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung erhalten, höchstens drei Tage betragen. Dadurch wird eine schnelle und unbürokratische Hilfe gewährleistet.“
Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler: „Das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz, Cannabis in medizinischer Form an schwerstkranke Patienten auf Rezept abgeben zu können, bedeutet für viele Betroffene eine Entlastung. Wem Cannabis wirklich hilft, der soll Cannabis nun auch bekommen können, in qualitätsgesicherter Form und mit einer Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen. Die Möglichkeit, Medizinalcannabis in der ärztlichen Praxis einsetzen zu können, ist ein großer Schritt und steht für eine moderne und differenzierte Gesundheitspolitik.“
Cannabisarzneimittel sollen als Therapiealternative bei Patientinnen und Patienten im Einzelfall bei schwerwiegenden Erkrankungen eingesetzt werden können, wenn nach begründeter Einschätzung des behandelnden Arztes eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome zu erwarten ist. Dies kann zum Beispiel in der Schmerztherapie, bei bestimmten chronischen Erkrankungen oder bei schwerer Appetitlosigkeit und Übelkeit der Fall sein.
Mit Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln auf Cannabisbasis in der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert, die bislang grundsätzlich auf zugelassene Fertigarzneimittel im jeweils zugelassenen Anwendungsgebiet begrenzt war. Insbesondere wird eine Erstattungsmöglichkeit von Cannabis in Form getrockneter Blüten für schwerkranke Menschen geschaffen. Um weitere Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabis zu gewinnen, wird eine Begleiterhebung durchgeführt. Dazu übermitteln Ärzte und Ärztinnen ohnehin vorliegende Daten – zum Beispiel zur Diagnose, Therapie, Dosis und Nebenwirkungen – anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Mit der Erhebung sollen auch Informationen zum langfristigen Gebrauch von Cannabis zu medizinischen Zwecken gesammelt werden.
Zukünftig soll in Deutschland zudem ein staatlich überwachter Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken erfolgen können. Die damit verbundenen Aufgaben werden – unter Beachtung der völkerrechtlich bindenden Vorgaben des Einheits-Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe – dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übertragen (staatliche „Cannabisagentur“). Bis durch die Cannabisagentur ein staatlich kontrollierter Anbau in Deutschland umgesetzt werden kann, soll die Versorgung mit Medizinalcannabis über Importe gedeckt werden.
BPI begrüßt soliden Rechtsrahmen für die Versorgung schwerstkranker Patienten
Schwerkranke Patienten können ab sofort Cannabis auf Rezept beziehen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften wurde dafür ein solider Rechtsrahmen geschaffen. „Schwerstkranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden. Das Gesetz sorgt dafür, dass nun das Leiden von Patienten, für die keine andere zielführende Therapie zur Verfügung steht, auf rechtlich solider Grundlage erheblich gelindert werden kann“, so Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI).
Cannabis ist für viele chronisch Kranke die letzte Hoffnung auf bessere Lebensqualität. Diesem Umstand hat der Bundestag nun mit der Neuregelung im Sozialgesetzbuch V (SGB V) Rechnung getragen: Für Kranke ohne Therapiealternativen schafft es die Voraussetzung für den Anspruch auf eine Therapie mit Cannabis-Arzneimitteln als Fertigarzneimittel oder in Form von getrockneten Blüten und Extrakten. Bislang mussten Patienten eine Ausnahmeerlaubnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Erwerb von Cannabis beantragen. Die Therapiekosten wurden nur in Ausnahmefällen von den Krankenkassen erstattet. Dr. Norbert Gerbsch: „Mit dem Gesetz wird Cannabis offiziell als Medikament anerkannt. Dieser Schritt stärkt die Rechte des Patienten und die Verantwortungshoheit des Arztes in der Therapie.“
Für das in der Apotheke zu medizinischen Zwecken erhältliche Cannabis gelten alle Grundsätze der Arzneimittelsicherheit sowie die betäubungsmittelrechtlichen, arzneimittel- und apothekenrechtlichen Anforderungen. Cannabis als Rauschmittel bleibt weiterhin verboten.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) vertritt das breite Spektrum der pharmazeutischen Industrie auf nationaler und internationaler Ebene. Rund 240 Unternehmen mit ca. 70.000 Mitarbeitern haben sich im BPI zusammengeschlossen.
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.
Bundesapothekerkammer begrüßt neues Cannabisgesetz
Die Bundesapothekerkammer begrüßt, dass in Zukunft Patienten mit medizinisch notwendigem Cannabis versorgt werden können. „In ärztlicher Hand ist Cannabis eine weitere Therapieoption. Wir freuen uns, dass unsere langjährige Forderung aufgegriffen wurde und medizinisch notwendiges Cannabis wie andere Arzneimittel behandelt wird“, sagt Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer. „In Zukunft können Patienten Rezepturarzneimittel aus Cannabis in kontrollierter pharmazeutischer Qualität aus der Apotheke bekommen. Die Krankenkassen können diese Medikamente nach vorheriger Genehmigung auch erstatten.“
Das „Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ wurde heute in der 2./3. Lesung vom Bundestag verabschiedet. Es tritt nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Zur Zeit wird gesellschaftspolitisch diskutiert, ob Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland legalisiert werden soll. Das aktuell verabschiedete Gesetz bezieht sich nur auf medizinisch verordnetes Cannabis. Kiefer: „Jeder weiß: Medikamente haben Risiken und Nebenwirkungen. Es wäre fahrlässig und falsch, aus dem medizinischen Einsatz zu folgern, dass Cannabis als Genussmittel harmlos wäre.“ Aus Sicht der Apothekerschaft sollte die Legalisierung zu Genusszwecken sorgfältig geprüft werden, da der Konsum von Cannabis mit Risiken verbunden ist. Risiken sind u.a. das erhöhte Unfallrisiko, eine Assoziation mit psychischen Erkrankungen, wie Angststörungen und Depression, und die mögliche Entwicklung einer Sucht.
Bundesapothekerkammer – weitere Informationen
Kostenübernahme für Cannabis gesichert“
DSL und DGS begrüßen Gesetz zur vereinfachten Verordnung von Cannabis als Medizin
Die Deutsche Schmerzliga e. V. (DSL) und die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V. (DGS) begrüßen die heutige einstimmige Verabschiedung des Gesetzes zum Einsatz von Cannabis als Medizin im Deutschen Bundestag. Danach können künftig schwerkranke Patienten zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung mit Cannabis-Arzneimitteln versorgt werden.
Mit dem nun vorliegenden Gesetz wird nicht nur eine Vereinfachung der Verordnung von Cannabis als Medizin möglich, sondern in vielen Fällen insbesondere auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen gesichert. So dürfen Krankenkassen die Erstattung der mit der Verordnung von Cannabis-haltigen Arzneien verbundenen Kosten nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern und werden gleichzeitig verpflichtet, die Entscheidung über die Kostenübernahme binnen 5 Wochen (bei Patienten im Rahmen der SAPV binnen 3 Tagen) ab Antragstellung zu treffen.
„Hiermit fällt voraussichtlich ab März 2017 für viele Menschen mit chronischen therapieschwierigen Schmerzen die entscheidende Hürde für den medizinischen Einsatz von Cannabis-haltigen Arzneien und wir dürfen hoffen, dass mit dieser fraktionsübergreifend getroffenen Entscheidung des Deutschen Bundestages sowohl das frustrierende Warten auf einen Entscheid über die Kostenübernahme als auch die hohe Zahl an ablehnenden Bescheiden endlich ein Ende hat“, fasst PD Dr. Michael A. Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga e.V. (DSL) und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS), seine Erwartungen bzgl. der positiven Auswirkungen dieses Gesetzes zusammen.
„Erfreulich ist auch“, so Überall weiter, „dass die im Rahmen der Anhörungen im Gesundheitsausschuss sowie in zahlreichen schriftlichen Stellungnahmen seitens Patienten- und Ärzteorganisationen formulierten Änderungsempfehlungen von den Fraktionen der Regierungskoalition aufgenommen und in dem nun verabschiedeten Gesetzestext zum größten Teil auch wirklich umgesetzt wurden. Diese positive Erfahrung und der konstruktive Dialog lässt hoffen, dass wir auch bezüglich anderer Anliegen chronisch schmerzkranker Menschen mit den verantwortlichen Gesundheitspolitikern ins Gespräch kommen und gemeinsam patientenorientierte Lösungen entwickeln können.“
Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS)
Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) ist mit rund 4.000 Mitgliedern die größte Gesellschaft praktisch tätiger Schmerztherapeuten in Europa. Sie setzt sich für ein besseres Verständnis und für bessere Diagnostik und Therapie des chronischen Schmerzes ein. Bundesweit ist sie in 129 regionalen Schmerzzentren organisiert, in denen interdisziplinäre Schmerzkonferenzen veranstaltet werden. Oberstes Ziel der DGS ist die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen. Dies kann nur durch die Etablierung der Algesiologie in der Medizin erreicht werden. Dazu gehört die Qualitätssicherung in der Schmerzmedizin durch die Etablierung von Therapiestandards sowie die Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung auf den Gebieten der Schmerzdiagnostik und Schmerztherapie für Ärzte aller Fachrichtungen. Um die Bedürfnisse von Patienten noch besser zu verstehen, arbeitet die DGS eng mit der Patientenorganisation Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL) zusammen.
Deutsche Schmerzliga e. V. (DSL)
Die Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL) macht sich seit über 25 Jahren stark für die Belange von Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden und steht Patienten als zentrale Anlaufstelle zur Verfügung. Die DGS gibt den Schmerztherapieführer heraus, in dem alle Mitglieder aufgelistet sind. Gemeinsam mit der Deutschen Schmerzliga e.V. organisiert die DGS den jährlich stattfindenden Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt/Main.
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