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Okt 05 2015

Barrierefrei und unansehnlich

 

 

 

Störungen der Bewegungsfähigkeit

Viele Behinderungen und chronische Krankheiten gehen mit Gleichgewichtsstörungen, Schwindel und Sehstörungen einher.

Gleichgewichtsstörungen treten bei einer Reihe akuten und chronischen Erkrankungen, aber auch bei unterschiedlichen Behinderungen auf. Allen gemeinsam ist, dass der Betroffene von seinem Weg abkommt. Er taumelt, torkelt oder geht im Zickzack. Schön ist es dann, wenn die Straße breit genug ist. Noch schöner ist es, wenn einem niemand entgegen kommt. Und benötigt man Gehilfen oder gar einen Rollstuhl, dann freut man sich auch über abgesenkte Bordsteine.

Schwindel tritt oft, aber nicht immer im Zusammenhang mit Gleichgewichtsstörungen auf. Genauso oft sind sie aber auch allein auf weiter Symptomflur. Hier versucht der geneigte Behinderte, sich einige Meter vor sich auf einen Punkt zu konzentrieren, um einigermaßen gerade die Straße entlang zu kommen.

Ja, und dann gibt es noch das große Feld der Sehstörungen. Schlechtes sehen, verschwommenes Sehen, eingeschränktes Blickfeld, unfreiwillige schnelle unkoordinierte Augenbewegungen – um nur einige zu nennen. Es erfordert ein hohes Maß an Konzentration, um hier dennoch etwas wahrzunehmen.

 

Das Kino und seine Geschichte

Das Kino, oder auch Lichtspieltheater, hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich. Erst gab es den Stummfilm. Hier liegen die Schauspieler unnatürlich schnell über die Leinwand, watschelten hierhin und dorthin. Ein Klavierspieler untermalte den Film. Manchmal gab es sogar einen Erzähler. Dann kam der Tonfilm. Die Qualität der Streifen war schon viel besser – die Gestik und Mimik der Schauspieler nicht mehr so übertrieben, da das gesprochene Wort ihre Taten unterstrich. Nicht lange und der erste Farbfilm revolutionierte die Säle. Später kam Stereo dazu. Und heute, heute haben wir 3-D-Filme.

Und hier liegt die Krux. Immer mehr Filme werden in 3D ausgestrahlt. Der Besucher bekommt beim Kauf seiner Eintrittskarte eine Pappbrille ausgehändigt – ein „Glas“ grün, dass andere rot. Und setzt er sie auf und ist der Film „verschoben“ aufgenommen, sieht er seinen Jake Gyllenhaal oder seine Emily Blunt dreidimensional. Ja, es will scheinen, dass die Schauspieler jetzt mitten im Kinosaal agieren und der Zuschauer sich wie in einem Theater fühlt.

Bald kein Kino mehr für viele Behinderte?

Und hier kollidieren viele Behinderte mit der neuen Technik, dass ihnen schlecht wird. Nein, ihnen wird nicht schlecht, weil die Leistung der Schauspieler im Laufe der Jahrzehnte nachgelassen hat. Es gab schon immer gute und weniger gute … Nein, ihnen wird schlecht, weil ihnen ihr Gehirn etwas anderes mitteilt, als ihr Gleichgewichtssinn und ihre Augen. Wenn die Augen angeben, dass alles in Bewegung ist, dass der Zuschauer in einem Auto oder einer Achterbahn fährt, dass gerade eine Rakete auf einen zufliegt, der Körper sich jedoch im Ruhezustand befindet, dann, ja dann geht es im Kopf völlig rund. Der Schwindel verstärkt sich, das Gleichgewicht findet überhaupt keine Anhaltspunkte mehr und die Augen können nichts, aber auch gar nichts mehr fixieren.

Da die Ausstrahlung von 3-D-Filmen immer größere Ausmaße annimmt, wird es vermutlich bald gar keine 2-D-Filme mehr geben. Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Und dann? Dann wird das Kino für Behinderte mit dieser Symptomatik auch verschlossen bleiben. Trotz Barrierefreiheit, trotz der Möglichkeit der Befahrung mit einem Rollstuhl. Aber leider mit „unansehnlichen“ Filmen. Schade!

Hertha-Margarethe Kerz

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