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Eines der Probleme überhaupt, bei der Multiple Sklerose, sind Gangstörungen. Sie zeigen sich durch unterschiedliche Symptome. Hier gibt es
- Unsicherheiten, indem beispielsweise das gesamte Gangbild für einen Außenstehenden „nicht richtig“ ist. Es läuft nicht rund, der Ablauf der Gehbewegung ist gestört.
- Dann gibt es den unregelmäßigen Tritt. Hierbei tritt der MSler mit jedem einzelnen Fuß unterschiedlich stark auf.
- Außerdem wird häufig beobachtet, dass der Betroffene die Füße nicht richtig heben kann. Dadurch entsteht ein schlurfender Gang.
- Ein ähnliches Symptom wie „die Füße nicht richtig heben“ können, ist die Fußheberschwäche.
- Eine weiterhin verbreitete Störung ist das Stolpern.
- Daneben kann man häufig ein starkes Wanken beobachten. Sei es, dass der Betroffene von einer Seite zur anderen wankt und seinen Weg in einem Zickzackkurs bestreitet, sei es, dass er zu einer Seite neigt und immer wieder versucht, dies auszugleichen, indem er bewusst wieder zur anderen Seite tendiert. Das Erste ist eine enge Zickzacklinie, während das Zweite eher lang gezogen daher kommt.
Diese Ganginstabilitäten sehen nicht nur albern aus, kosten den Betroffenen Nerven, ärgern und verunsichern ihn, sondern sind für den gesamten Körper und seine Statik verheerend. Der Patient will die Unsicherheit ausgleichen. Dabei kommt es regelmäßig zu Verkrampfungen in den Beinen, die die Spastiken verstärken.
Doch nicht nur das. Die Verkrampfungen ziehen sich bei längerem Gehen bis in den Kopf hinein. Sicher hat der eine oder die andere MSlerin schon beobachtet, dass sich eine Hand, oder beide, in eine seltsame Position bewegten und dort verharrten. Die Hand sieht in dem Moment aus, wie die Hand bei einem Schlaganfallpatienten. Bewusstes entspannen bringt die Hand dann wieder in ihre normale Position – nur damit der MSler dann an einem anderen Körperteil eine weitere Verspannung beobachtet. Die Verspannungen und Spastiken können bis in den Nacken-Schulter-Bereich vordringen und im schlimmsten Fall schwere Kopfschmerzen auslösen. Gut ist das nicht.
Weiterhin belastet ein falsches Gangbild die Gelenke, da diese sich nicht mehr „ruckellos“ bewegen. Vielmehr „reiben“ sie regelrecht aneinander und verschleißen. Die gesamte Statik kann dadurch zu schwersten Verkrümmungen und schweren Haltungsschäden führen. Deshalb einige Tipps, wie Sie diesem Un-stand entgegenwirken können.
Selbstverständlich steht immer die Frage der Physiotherapie im Raum. Doch was können Sie selbst tun? Hier gibt es jede Menge Möglichkeiten. Ich möchte einige aufführen, wobei es für jede der oben aufgeführten Störungen, einzelne Übungen gibt. Dies, weil jede dieser Gangstörungen aus einem anderen Grund besteht. Übrigens ist es durchaus möglich, dass Sie mehrere dieser Störungen gleichzeitig haben.
Heute möchte ich mich mit dem ersten Problem beschäftigen:
1. Unsicherheiten, indem beispielsweise das gesamte Gangbild für einen Außenstehenden „nicht richtig“ ist. Es läuft nicht rund, der Ablauf der Gehbewegung ist gestört.
Der Grund für diese Störung ist eine ungleichmäßige Verarbeitung der Impuls- und Anweisungsgabe in den Nervenbahnen vom Gehirn zu den Beinen. Das Gehirn gibt die Anweisung, den Gehvorgang durchzuführen, doch die elektrischen Impulse, die vom Gehirn ausgesandt werden, kommen unterschiedlich schnell in den Beinen an. Dies, weil die Myelinschicht der Nervenbahnen unterschiedlich schwer beschädigt sind. Die gute Nachricht ist aber, dass man das anfangs durchaus ausgleichen kann.
Vorbereitung
Um die Übung durchzuführen, gehen Sie am besten auf einen Kinderspielplatz. Ja, sie haben richtig gelesen. Viele der hier vorgestellten Übungen werden auf dem Kinderspielplatz durchgeführt. Einerseits, weil es dort viele Möglichkeiten gibt, sich zu betätigen, andererseits, weil es dort Sand gibt, in den zu fallen kaum ein Problem ist.
Eine Sache noch: Sie sind ein Erwachsener. Die Geräte sind in aller Regel auf die Gewichte von Kindern ausgerichtet. Denken Sie also daran, dass Sie dort gewisse Dinge nicht tun können, weil Sie sonst die Geräte beschädigen und sich selbst dadurch, zum Teil schwer, verletzen können.
Es geht bei allen Übungen nicht um Hochleistung, sondern darum, dass es Ihnen besser geht. Machen Sie alles in Ihrem Tempo. Nur Sie sind wichtig. Sie werden auch bessere und schlechtere Tage haben. Tage, an denen Sie glauben: „jetzt kann ich’s“ und Tage, an denen gar nichts klappt. Ärgern Sie sich nicht, das erhöht Ihre Spastik und verschlechtert Ihre Übungsbemühungen. Wenn Sie eine Übung eine Woche lang jeden Tag „richtig“ durchgeführt haben und ein „gutes Gefühl“ haben, können Sie zur nächsten übergehen.
Die Übungen, die ich hier vorstelle, sind selbstständig durchzuführen. Dennoch; besprechen Sie sie mit Ihrem Neurologen oder Physiotherapeuten, wenn Sie nicht sicher sind, ob sie Ihnen gut tun. Bei Unsicherheit können Sie sie auch im Schutz Ihres Physiotherapeuten durchführen, indem er Sie stützt und vor dem Fallen bewahrt. Sie sind für sich und Ihren Körper verantwortlich. Er gehört Ihnen. Beschützen Sie ihn gut. Denn alles, was ich hier vorstelle, soll Ihnen helfen, doch wenn Sie es nachmachen, tun Sie dies auf eigene Verantwortung.
Und jetzt zur ersten Übungen
Übung 1. Der Storchengang:
1. Suchen Sie sich ein Gerät an dem Sie sich gut festhalten können, mit einer oder mit beiden Händen. Dies hängt von Ihrer Standunsicherheit ab. Das Gerät muss Ihnen Bewegungsfreiheit lassen, wenn Sie sich mit beiden Händen festhalten wollen, sonst stoßen Sie mit dem Knie an. Wenn Sie glauben, sich nur mit einer Hand festhalten zu brauchen, dürfen Sie bei der Übung nicht hin und herwackeln. Dann lieber mit beiden Händen.
2. Stellen Sie sich gerade hin, bzw. stellen Sie sich so hin, dass Sie den Eindruck haben, gerade zu stehen.
3. Jetzt heben Sie ein Knie in einem 90°-Winkel. Kurz halten, absetzen.
4. Nun nehmen Sie das andere Knie.
5. Machen Sie die Übungen langsam, aber nicht so langsam, dass Sie zu lange auf einem Bein stehen. „Zu lange“ heißt, dass das Bein, auf dem Sie stehen, ermüdet.
6. Machen Sie es einige Male, bis sie nicht mehr mögen.
7. Achten Sie auf eine gerade Haltung, bzw. sollte es sich für Sie anfühlen, als wenn Sie eine gerade Haltung haben. Gerade, nicht Hohlkreuz durch Brust raus, Bauch rein 😉
8. Anfangs wackeln und wanken Sie vielleicht hin und her. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken. Dafür machen Sie diese Übung, weil Sie nicht richtig gehen können – sonst bräuchten Sie sie nicht.
9. Denken Sie daran, dass Sie vielleicht noch nach Hause gehen oder radeln müssen. Also nicht zu viel.
Machen Sie diese Übung so lange, einige Tage oder Wochen, bis Sie in der Lage sind, die Übung einhändig und „rund“ zu machen. Im Moment wissen Sie vielleicht noch nicht, was ich mit „rund“ meine. Dies ist schwer zu erklären. Wenn Sie jedoch so weit sind, spüren Sie es. Die Dauer, bis Sie die Übung „rund“ durchführen, hängt von der Schwere Ihrer Störungen ab. Anhaltspunkte für „rund“ sind, dass Sie sich locker mit einer Hand festhalten können, Ihr Gewicht nicht völlig von dieser Hand „getragen“ wird und sie fließend die Beine heben und wieder absetzen können.
Demnächst stelle ich die weitergehende Übung vor, die auf dieser Übung aufbaut.
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Kommentar von Franziska:
Hallo,
Ich möchte gerne rückmelden, dass der Text sehr Mut machen und bestärken geschrieben ist.
Ich suchte nach gezielten Übungen und werde mit der ersten hier starten.
Vielen Dank, Franziska
Kommentar von Hertha Kerz:
Hallo Franziska,
schön, dass Sie auf diesen Beitrag reagierten. Übungen gibt es viele. Ich stelle heute oder morgen dann welche vor. Gern können Sie aber auch Ihre Erfahrungen beisteuern. Ich würde mich freuen.
Grüße Hertha Kerz
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4 Pings